Gebärmutterhalskrebs steht weltweit an dritter Stelle der Krebserkrankungen bei Frauen. Laut der Deutschen Krebsgesellschaft erkranken jährlich in Deutschland etwa 4.500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Sogenannte Dysplasien können eine Vorstufe für diese bösartige Erkrankung darstellen und sich bei fehlender Behandlung zu einem bösartigen Tumor entwickeln. Die Frauenklinik des Marien Hospital Witten wurde von der Deutschen Krebsgesellschaft als Dysplasie-Einheit zertifiziert und verfügt über die entsprechende Expertise in der Diagnose und Behandlung dieser Erkrankung.
Als Dysplasie werden Zellveränderungen am Gebärmutterhals oder im Bereich des äußeren Genitals bezeichnet. Hauptursache ist das Humane Papillomavirus (HPV), das besonders bei jungen Frauen weit verbreitet ist und beim Geschlechtsverkehr übertragen wird. Die Vorstufen einer bösartigen Veränderung treten besonders oft bei jüngeren Frauen im Alter zwischen 30 und 34 Jahren auf. In der Regel kann das Immunsystem das Virus erfolgreich bekämpfen. Gelingt dies nicht, können Zellveränderungen entstehen. Im Rahmen der Vorsorge finden sich jährlich in Deutschland bei ca. 255.000 Frauen auffällige Befunde. In den meisten Fällen bilden sich die Zellveränderungen nach einigen Monaten wieder von alleine zurück. Durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim niedergelassenen Frauenarzt können Vorstufen rechtzeitig erkannt und entfernt werden, wodurch sich das Risiko an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken bedeutend reduziert.
Kann man sich vor Dysplasien schützen?
Die Zahl der Dysplasien können durch eine HPV-Impfung gesenkt werden. Diese werden bei den niedergelassenen Frauenärzten durchgeführt. Die Impfung sollte zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr und vor dem ersten Geschlechtsverkehr durchgeführt werden. Eine Impfung kann die Wahrscheinlichkeit an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken deutlich verringern. "Obwohl es gegen den übertragebaren HP-Virus einen Impfstoff gibt, sind die Impfraten in Deutschland sehr gering. Nur 31 % der Mädchen bis zum 14. Lebensjahr sind geimpft. Hierbei ist es wichtig, Mädchen und Frauen über das Krankheitsbild aufzuklären und sie für das Thema zu sensibilisieren. Das sollte schon in der frühen Schulzeit beginnen", so Schiermeier.
Früherkennung und Vorsorge
"Wird in der Praxis eines niedergelassenen Frauenarztes ein auffälliger Befund festgestellt, kann eine sofortige Untersuchung in unserer Dysplasie-Einheit erfolgen", erzählt Prof. Dr. Sven Schiermeier, Chefarzt der Frauenklinik und Geburtshilfe des Marien Hospital Witten. Im Rahmen der Dysplasie-Sprechstunde erhalten die Betroffenen umfassende Erklärungen und Informationen zu ihrem Befund. Zudem erfolgt durch spezialisierte Ärzte die sogenannte Kolposkopie, eine Lupenbetrachtung der Zellveränderung. Mithilfe einer speziellen Lupe (Kolposkop) kann eine genaue Aussage über das Ausmaß und die Beschaffenheit der Zellveränderung getroffen werden. So ist es mit diesem speziellen Instrument möglich, die Oberflächenbeschaffenheit einzelner Organe mit bis zu 40-facher Vergrößerung darzustellen. Können auffällige Stellen nicht sicher beurteilt werden, wird im Bereich des äußeren Genitals eine Gewebeprobenentnahme, eine sogenannte Biopsie durchgeführt. Auch im Falle einer Schwangerschaft kann bei Notwendigkeit eine Biopsie durchgeführt werden. Das Gewebe wird anschließend im Labor untersucht. Anhand der Ergebnisse kann festgestellt werden, ob sich die Zellen bösartig verändert haben. "Bei einem auffälligen Befund sind viele Frauen sehr mitgenommen. Ihre größte Angst ist an Krebs zu erkranken. So auch eine Patientin, die wir hier behandelt haben. Bis der Befund nicht endgültig abgeklärt war, war sie sehr angespannt. Letztlich haben die Untersuchungen ergeben, dass es sich um eine leichte Form von Dysplasie handelt, die nur regelmäßig beobachtet werden muss", erzählt der Chefarzt. Sollte ein bösartiger Tumor diagnostiziert werden, erfolgt eine nahtlose onkologische Weiterbehandlung durch die Spezialisten im gynäkologischen Krebszentrum. "Als gynäkologisches Krebszentrum und Dysplasie-Einheit bieten wir eine umfassende Diagnostik und Behandlung von bösartigen gynäkologischen Erkrankungen an und damit eine optimale Betreuung in allen Phasen der Erkrankung: von der Früherkennung über die Diagnostik und operative Therapie bis hin zur Nachsorge", so Schiermeier, der im letzten Jahr über 300 Dysplasie-Patientinnen in der Klinik behandelt hat.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Behandlung hängt vom dem Schweregrad der Dysplasie ab. Liegt eine leichte Dysplasie vor, sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen zunächst ausreichend. Handelt es sich um eine hochgradige Dysplasie, muss der betroffene Bereich des Gebärmutterhalses entfernt werden. Die Behandlungsverfahren richten sich nach der Lebenssituation der Patientin. Liegt eine hochgradige Dysplasie vor und ist die Familienplanung noch nicht abgeschlossen, muss der veränderte Bereich der Gebärmutterschleimhaut entfernt werden. Eine solche Konisation erfolgt im Marien Hospital Witten laparoskopisch durch die Vagina mit Hilfe einer Elektroschlinge. Dabei entfernen die Spezialisten möglichst wenig Gewebe, denn durch die Gewebeentnahme wird der Gebärmutterhals leicht verkürzt. Je kürzer der Gebärmutterhals ist, umso höher ist bei einer zukünftigen Schwangerschaft die Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt. Einer Schwangerschaft steht nach dem Eingriff in der Regel nichts im Wege. Selbst nach der Entfernung eines Karzinoms ist eine Schwangerschaft möglich. Bei einer abgeschlossenen Familienplanung wird bei einer frühen Form des Gebärmutterhalskrebses meist die Gebärmutter entfernt. Eine solche Hysterektomie erfolgt im Marien Hospital Witten minimal-invasiv durch die Vagina oder mit Hilfe der Schlüssellochtechnik per Bauchspiegelung. "Hierbei sind nur wenige Schnitte nötig und der Eingriff ist für die betroffenen Frauen wenig belastend, sodass sie schnell wieder in den Alltag zurückkehren können", ergänzt Schiermeier. Aber auch nach einer erfolgreichen Behandlung ist es wichtig regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchzuführen.
Bildunterschrift: Mithilfe eines speziellen Mikroskops (Koloskop) kann Prof. Dr. Sven Schiermeier, Chefarzt der Frauenklinik und Geburtshilfe des Marien Hospital Witten und Leiter der Dysplasie-Einheit, den Schweregrad einer Dysplasie beurteilen. So kann die Oberflächenbeschaffenheit einzelner Organe beleuchtet und mit bis zu 40-facher Vergrößerung dargestellt werden.