Es gibt verschiedene Formen der Harninkontinenz, die unterschiedliche Behandlungen erfordern. Dabei wird zwischen Belastungs- (auch Stressinkontinenz genannt) und Dranginkontinenz unterschieden.
Belastungsinkontinenz
Typisch für die Belastungsinkontinenz ist ein unwillkürlicher Urinverlust bei körperlicher Anstrengung wie Heben, Tragen, Niesen und Husten. Die Belastungsinkontinenz tritt bei Männern selten auf und sollte urologisch abgeklärt werden. Ursachen für eine Belastungsinkontinenz bei Männern sind in den meisten Fällen eine Verletzung oder chirurgische Eingriffe im Beckenraum – wie Operationen der Prostata, zum Beispiel bei Prostatakrebs. Weitere Ursachen können eine gutartige Vergrößerung der Prostata oder die Einnahme bestimmter Medikamente, beispielsweise zur Behandlung von Bluthochdruck, sein.
Konservative Behandlungsmöglichkeiten
Mithilfe von Beckenbodengymnastik und Elektrotherapie (Reizstrom) kann die Muskulatur trainiert werden. Außerdem können Betroffene Einlagen benutzen, die den Urin auffangen. Auch kann bei Belastungsinkontinenz eine medikamentöse Behandlung erfolgen. Die Medikamente stimulieren den Verschlussmechanismus der Blase. Kann die Inkontinenz nicht durch eine der konservativen Optionen behoben werden, stehen verschiedene OP-Methoden zur Verfügung.
Operative Behandlungsverfahren
Wenn es möglich ist, wird minimal-invasiv operiert:
Unterspritzungen der Harnröhre und Blase
Wenn eine Harninkontinenz Folge von Defekten der Harnröhrenschließmuskeln ist, kann durch eine Unterspritzung der Harnröhrenschleimhaut mit gelartigen Substanzen ein Polster in der Nähe des Schließmuskels gebildet werden, das den Harnabgang bei Belastungen reduzieren kann.
Schlingensysteme zur Fixierung von Blase und Schließmuskelmuskulatur
Nach einer radikalen Entfernung der Prostata kommt es in einigen Fällen zu einer Lockerung der Schließmuskulatur, die dazu führt, dass sich die hintere Harnröhre senkt. Durch das Anbringen eines Schlingensystems ist es möglich, die Blase zu repositionieren und die Schließmuskulatur zu entlasten. Je nach Art des eingesetzten Systems, lassen sich die Schlingen zum Teil auch nach dem Einsetzen noch individuell justieren.
Dranginkontinenz
Die Dranginkontinenz ist eine Störung der Blasenspeicherphase. Sie ist gekennzeichnet durch einen plötzlich auftretenden, starken, nicht beherrschbaren Harndrang, häufig in Kombination mit einem unwillkürlichen Urinverlust. Diese Inkontinenzform resultiert entweder aus einer ungehemmten Kontraktion des Blasenmuskels oder einer zu großen Füllempfindlichkeit der Blase. Daher wird zwischen einer motorischen und sensorischen Dranginkontinenz unterschieden. Ursachen können u.a. Blasenentzündungen, Blasensteine, Prostatavergrößerung (gut- oder bösartig) sowie Blasenkrebs sein. Auch viele neurologische Erkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, M. Parkinson, Schlaganfall, Alzheimer, Rückenmarksschädigungen, Fehlbildungen wie Spina bifida) können eine Dranginkontinenz hervorrufen.
Behandlungsverfahren
Wenn Entzündungen oder bösartige Erkrankungen die Ursache für eine Dranginkontinenz sind, müssen diese zunächst behandelt werden. Falls dies nicht der Fall ist, stehen folgende Therapieoptionen zur Verfügung:
Konservative Behandlungsverfahren
Neben einem Blasentraining kann eine Kombination von Verhaltens- und Beckenbodentherapie mit Elektrostimulation erfolgreich sein. Eine medikamentöse Therapie mit Anticholinergica führt durch Beruhigung des Blasenmuskels und damit Steigerung des Blasenfassungsvermögens häufig auch zur deutlichen Symptomreduktion.
Operative Behandlungsverfahren
Hier steht die Botulinumtoxin-Injektionsbehandlung in den Blasenmuskel (M. detrusor vesicae) als therapeutische Option zur Verfügung. Bei Versagen der konservativen, medikamentösen und Botox®-Injektionsbehandlung besteht eine weitere therapeutische Option in der Implantation eines „Blasenschrittmachers“. Diese Therapieoptionen werden im Marien Hospital Herne angeboten. Die Harnblasenentfernung stellt die absolut letzte therapeutische Alternative dar.